Das Genre und das System

Das richtige Genre
Das erste Puzzleteil jeder fesselnden Geschichte ist die Genre-Auswahl. Ähnlich wie beim Schreiben stellt man sich im Rollenspiel die Frage: In welcher Welt wollen wir Abenteuer erleben?

Dabei ist zu beachten, dass nicht jeder Mensch jedes Genre mag. Während ich z.B. beinahe alle Spielarten der Fantasy liebe, kann ich mit Romance und Romcom nicht viel anfangen. Dafür genieße ich Horror, wobei es da eher klassischer Grusel und kein Splatter sein sollte.
Hier ist also schon der erste Stolperstein. Wählt man das falsche Genre, kann man direkt interessierte Spieler/innen verschrecken. Im Normalfall ist das also eine Frage, die man mit am Spieltische im Vorfeld gemeinsam klären sollte.

Das passende System
Beim Pen-and-Paper-Rollenspiel muss zudem beachtet werden, welches System man spielen möchte. Der Markt ist dabei so breit gestreut, wie es Geschmäcker gibt. Vom klassischen Fantasy, mit seinen ganzen Spielarten, bis hin zu Science-Fiction, Cyberpunk oder Dystopien. Dabei gibt es auch sehr schräge Szenarien, bei denen man Teddybären spielen kann (PP&P) oder die Gruppe die gesamte Zeit leicht bekloppte Abenteuer in einer von einem Computer gesteuerten Dystopie erlebt (Paranoia).
Eine Spielgruppe wird auf jeden Fall fündig.

Normalerweise bevorzuge ich dabei Systeme, die leicht sind und das Rollenspiel an sich nicht durch ihre Regellastigkeit behindern. Nichts ist schlimmer, als wenn man mitten im Rollenspiel erst nach einer bestimmten Regel suchen muss und sich die Spieler/innen vor Langeweile anderen Dingen, wie z.B. ihrem Handy, zuwenden.

Meine Rollenspiel-Reise
In meinen mehr als 30 Jahren Rollenspiel habe ich eine Vielzahl von Systemen ausprobiert. Von der tiefgründigen Welt Tolkiens in MERS (Mittelerde Rollenspiel System) über das detailverliebte Rolemaster, bis hin zur Mutter aller Rollenspielsysteme Dungeons and Dragons. Jedes hat seinen eigenen Reiz. Natürlich gab es in den vielen Jahren auch Ausflüge weg vom Fantasy. Zum Beispiel Cyberpunk 2020 nach der Vorlage von William Gibson oder Shadowrun – Cyberpunk mit Orks, Elfen und Magie. Ein Troll mit einem Raketenwerfer hat schon seinen ganz eigenen Reiz.
Die letzten 15 Jahre bin ich hauptsächlich bei Urban Fantasy hängengeblieben. Vor allem die World of Darkness, bevölkert mit Vampiren, Werwölfen und Magiern, die verborgen vor den Menschen in den Städten leben, war mit ihrer Mischung aus schnellem Spielsystem und faszinierendem Hintergrund eines meiner Lieblingsgenres und -Systeme.

Aktuell bin ich aber wieder von der Fantasywanze gebissen worden. Nachdem ich vor langer Zeit mal gesagt habe, nie wieder reines Fantasy, haben mich der neue Dungeons & Dragons Film und die Konsolenspiele Elden Ring und vor allem Baldurs Gate 3 wieder voll in ihren Bann gezogen. Wobei ich gestehen muss, dass ich aktuell zweigleisig fahre. Ich habe auch noch eine Vampiregruppe die ich leite und die ich so schnell nicht ad acta legen werde. Im Rahmen dieser Serie, werde ich mich aber vor allem auf die neue Fantasykampagne stützen und die Planung dafür als Beispiele heranziehen.

Die Kampagne: Persönlich und episch
Für meine nächste Kampagne und dieser Serie steht die Richtung damit fest: Fantasy mit reichlich Magie, Helden, Kriegern und Atmosphäre. Die epische Erzählung ist das Rückgrat, aber im Zentrum stehen die Charaktere, ihre persönlichen Geschichten und Entwicklungen. Das ist mir beim Rollenspiel immens wichtig. Charaktere und damit Spieler dürfen nicht einfach Beiwerk sein. Um sie muss sich die Geschichte drehen. Sie müssen Mittelpunkt sein.
Vielleicht ist das der wichtigste Merksatz, den ich je gehört habe, wenn es ums Rollenspiel, aber auch um Geschichten allgemein geht:
Mach es persönlich!
Zieh die Charaktere in die Geschichte. Das Prinzip bedienen ja auch alle großen Filme. Eine epische Story als Rahmen, aber die kleinen Kriegsschauplätze der menschlichen Tragödien der Hauptcharaktere als Mittelpunkt. Man siehe nur »Herr der Ringe« mit ihren ganzen komplizierten Beziehungen zwischen den Charakteren und Frank Herberts »Dune«. Das werde ich zu einem späteren Zeitpunkt aber noch genauer beleuchten.

Die Wahl des Systems
Obwohl DnD 5e zunächst auf meiner Liste stand, lenkten mich die jüngsten Entscheidungen des Anbieters in eine andere Richtung. Da ich auch gerne mal was Neues ausprobiere, habe ich mich daher für Pathfinder 2e Remastered entschieden. Das System ist komplett und legal frei verfügbar über die Archives of Nethys. Natürlich gibt es die Regelwerke auch als Bücher. Diese bereiten die Regeln die in den Archives stehen besser auf und sind auch offline benutzbar. Ich finde es für meine Spieler/innen aber immer ideal, wenn sie die Regeln kostenlos einsehen können.

Bei Pathfinder handelt es sich im Prinzip um einen Ableger von DnD, der aber seit November 2023 mit der Remastered Verson eigene Wege geht und seine DnD Wurzeln gekappt hat. Das System ist definitiv komplexer als alles, was ich in den letzten 15 Jahren gespielt habe, bietet aber Spielleitern und Spielern viele Möglichkeiten der Entfaltung. Dabei gefällt mir vor allem die Breite an Charakterkonzepten. In vielen System sind Charakterklassen oft sehr Stereotyp. Kennt man einen Krieger, kennt man sie alle. Bei Pathfinder dagegen hat man sehr viele Möglichkeiten, seinen Charakter von den Fähigkeiten her zu individualisieren. Für die Spieler/innen ist es trotzdem ein relativ leichtes System. Die Spielleiter dagegen haben etwas mehr Arbeit, aber das finde ich okay.

Vorschau: Die Kampagnenidee
Im nächsten Artikel beleuchte ich, wie man eine Kampagnenidee findet. Dabei nutze ich Techniken, die auch beim Schreiben meiner Geschichten zum Einsatz kommen. Seid gespannt auf das Zusammenspiel von Rollenspiel und kreativem Schreiben – es verspricht ein Abenteuer zu werden!